20. ... und am Schluss: drei Tage in Singapur

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Roses-Santa Margarita, Katalonien / Spanien  22.05.2011 (Fortsetzung)
Dies ist der Schluss der Artikelserie. Hier geht´s zum Anfang. Noch einmal der Hinweis, dass die Texte auf einem Laptop mit englischer Tabulatur geschrieben wurden, also ohne Umlaute.
   Am naechsten Tag flogen wir nach Singapur ab, wo wir einen Zwischenstop von drei Tagen machten. Während meiner Berufszeit stand ich nahe davor, die deutschsprachige evangelische Auslandspfarrstelle in Singapur anzutreten. Wir haben darauf verzichtet, hauptsächlich, weil unsere Tochter noch sehr klein war und wir sie dem feucht-warmen Klima nicht aussetzen wollten. Jetzt war die Gelegeheit gekommen, den "Traum" von Singapur im Kleinen nachzuholen. Zudem wollten wir am Schluss unserer Australien-Reise noch “ein bisschen Asien erleben” und dafür schien uns der Inselstaat zwischen Malaysia und Indonesien gut geeignet. Geographisch liegt Asien Australien naeher als Europa, was sich in der Zahl der asiatischen Einwanderer und Touristen bemerkbar macht. Wahrscheinlich sind auch die ersten Ureinwohner Australiens vor ca. 60 000 Jahren ueber eine damalige Inselbruecke aus dem malaiischen Archipel eingewandert.

Auf der Taxifahrt vom Flughafen zum Hotel erzaehlt uns der chinesische Fahrer, dass Wahlen gewesen seien und wieder ein  Mitglied der Familie Lee  Praesident  geworden sei.  Diese regiert seit 1965 den  selbsstaendigen Staat Singapur ziemlich autoritaer. [Tun sie heute immer noch - 2020] Auf  Fragen meint er, dies sei “sehr gut fuer uns”. Tatsaechlich ist der winzige Staat weltweit einer der reichsten, aber auch einer mit den hoechsten Lebenhaltungskosten.

Unser Hotel lag in “Little India”. Wir kamen am Sonntagabend an. Wir glaubten uns wirklich nach Indien versetzt. Die Strassen dichtgedraengt mit dunkelhaeutigen Menschen, fast nur Maenner. Viele hocken  am Strassenrand, essen trinken, diskutieren. Andere sitzen in den Strassenlokalen, aus denen die Gerueche currygewuerzter Gerichte ziehen, die meisten essen mit den Fingern der rechten Hand. In die erleuchteten Geschaefte in den Arkadengaengen  draengen sich die Menschen, Schmuck wird angeboten, viel Gold, bunte Stoffe, Elektroartikel, dazwischen Fruchtstaende, Lebensmittellaeden, Wahrsager … alles sehr orientalisch - und chaotisch. Der Taxifahrer gab es auf, sich durch das Gewühl hindurch zu schlängeln und wir mussten die letzten Meter zum Hotel mit dem Koffer in der Hand laufen. Die berühmt-berüchtigten Ordnungs- und Sauberkeitsverfuegungen der Behoerden Singapurs scheinen in diesem Viertel außer Kraft gesetzt zu sein.

Doch das Hotel ist eine Oase der Ruhe im Getriebe, sehr sauber, ordentlich, klimatisiert, hoeflich-freundliche Asiaten an der Rezeption.

Am naechsten Gang durch das Gassengewirr zur Haltestelle des Touristik-Buses. Wir kommen an einem Hindutempel vorbei. Bunte Figuren der Hindumythologie aussen. Innen eine Vielzahl von Schreinen mit Goetterbildern. Wir ziehen die Schuhe aus und betreten mit vielen Menschen den Innenraum. Feuer lodern, Menschen werfen sich anbetend vor den vielgliedrigen Gottesstatuen nieder, opfern Fruechte, zuenden Raeucherstaebchen an. Andere scharen sich um Priester mit orangenen Gewaendern, suchen Belehrung und Rat.

Dann Rundfahrt durch Singapur mit dem Aussichtsbus. Wir erleben verschiedenartige Stadtviertel, das malayische Viertel mit einer grossen Moschee ( die wir am naechsten Tag besuchen), dem Sultanspalast (heute Museum), viele kleine Haeuschen im indonesische anmutenden Stil mit niedlichen Geschaeften, praechtige Hotels und Regierungsbebaeude aus der englischen Kolonialzeit und dann Hochhaeuser, Hochhaeuser, etwas altmodische und supermoderne. Im Chinesenviertel steigen wir aus, beim aeltesten Hindutempel Singapurs bricht unsere Kamera zusammen, bei einem chinesischen Haendler erwerben wir eine neue [die auch bald wieder ihre Funktion aufgegeben hat - in Europa keine Garantie, da in Singapur gekauft!]. Wir schlendern durch die dichgedraengten Staende mit chinesischen Waren, Gerichten … Da: mittendrin ein deutscher Stand mit Bratwurst!!! Am Ende landen wir bei einem riesigen chinesisch-buddhistischen Tempel, dem Buddha Tooth Relict Temple. Sehr bunt erhebt  er sich in fuenf Stockwerken. Am Eingang ein grosser Behaelter fuer Raeucherstaebchen. Auch wir stecken zwei fuer uns an. Im Inneren  herrschen Gold und rot vor,  grosse Buddhafiguren thronen auf Altaeren, Blumen, Fruechte davor, an den Seitenwaenden in Nischen  tausende kleine  Buddhastatuen, auf Tischen mit Stuehlen liegen heilige Schriften zum Studieren bereit. Die ueberladene Pracht erschlaegt uns fast. Leiser Moenchsgesang erfuellt den Raum, Menschen mit andaechtig gefalteten Haenden verbeugen sich, viele werfen sich auf die Knie … Laechelnde Moenche in orangfarbenen Gewaendern gehuellt bieten ihre Dienste an. Dezent wird der Besucher auf  Spendenmoeglichkeiten hingewiesen.

Am zweiten Tag haben wir den 2005 eroeffneten Tempel weiter erforscht. Wir sind bis oben gestiegen, an vielen Raeumen vorbei (Tiefgarage, Konferenzhalle, Restaurant usw.) Ganz oben befindet sich ein “Kreuzgang” mit Garten und kleiner Tempelhalle. Hier ist das “Allerheiligste”: in einer goldenen Stupa (Kuppel) wird einer der vielen in der buddhistischen Welt verehrten (angeblichen) Zaehne Buddhas aufbewahrt. (Wieviele Zaehne hatte eigendlich der “Erleuchtete”?) Der quadratische Kreuzgang erinnert  an christliche Kloester, nur dass hier in den vier Ecken Buddhafiguren stehen. Eine Frau wirft sich flach auf den Boden und rutscht dann auf den Knien weiter. So bewegt sie sich im Kreuzgang vorwaerts, von Ecke zu Ecke … Irgendwo stossen wir auf eine riesige Gebetsmuehle, angeblich die groesste der Welt. Auch wir drehen sie, um eine guenstige Wiedergeburt  zu  foerdern.

Wir fahren im Bus weiter. Jetzt kommen wir in in die Orchard Road, die Hauptkonsum- und Ausgehmeile Singapurs. Riesige Shopping Center,  Konsumtempel, Gaststaetten reihen sich aneinander. Alle Mode- und Firmenmarken der Welt vertreten. Bombastisch! Jedes europaisches Geschaeftsviertel verblasst hier. Hier wird die wahre Religion Singapurs gefeiert, Geschaeft, Geschaeft, Money, Money…

Ganz erschlagen kommen wir in unserem Hotel an. Eine wahnsinnige, faszinierende Stadt, dieses Singapur, mit seiner Bevoelkerungsvielfalt, dem Rassen- und Kulturgemisch, seinen Gegensaetzen. Wir essen in einem Strassenrestaurant mit suedindischer Kueche, scharf, scharf,  wohlschmeckend und preiswert. Der Wirt weigert sich, uns mit den Fingern essen zu lassen - wie die indischen Gaeste - er legt uns Besteck vor.

Am naechsten Tag geht’s weiter. Besuch im Museum der Asiatischen Zivilisationen am Singapore River. Eine faszinierende Reise durch die verschiedenen asiatischen Kulturen, deren Einfluss sich in Singapur niederschlaegt.

Am dritten und letzten Tag leisten wir uns eine Fahrt mit dem “Singapore Flyer”. Dies ist ein gigantisches “Riesenrad” inmitten eines  eigens  dafuer errichteten Aufenthaltkomplexes. An der Spitze angekommen, verweilt die Kabine in 165 m Hoehe, und es eroeffnet  sich ein umfassender Ueberblick ueber Singapur und seine Umgebung, bis hin auf die Singapore vorgelagerten  Inseln, die Strasse von Malakka, Indonesien und Malaysia. Zunaechst  fallen die ultramodernen Gebaeude und unzaehligen Hochhaeuser auf, dazwischen  aber auch Parks, Wasserflaechen … In der Ferne sieht man eine Vielzahl an Schiffe ankern. Es wird deutlich, dass die Bedeutung  Singapurs auf seiner Lage als Schnittpunkt von Wasserstrassen, als Hafen und Handelsplatz beruhte und beruht.

Danach lassen wir uns zur Insel Sentosa fahren. Diese ist zu einer  Art tropischen Disneyland gestaltet worden, mit kuenstlichen Sandstraenden, tropischem Bewuchs und eine Menge an Vergnuegungs- und Erholungseinrichtungen .  Wir  besuchen die “Unterwasserwelt” mit ihrem 83 m langem Glastunnel, durch den man eine Vielfalt von Fischen und Meerestieren beobachten kann.

Zurueck zur Stadt laufen wir den “Sentosa Boardwalk”, der entlang der Bruecke  fuehrt, die die Insel mit Singapur verbindet. Wir blicken auf die Inselfront zurueck, aus der der “Merlion” hervorragt, ein riesiger Loewe mit Fischunterleib, das Wahrzeichen  der meeresumgebenen “Loewenstadt”. In Ufernaehe erhebt  sich eine Platform mit zwei grossen  vogelartigen Eisengestellen. Ploetzlich fangen diese unter Musik und Leuchteffekten an zu tanzen. Es sind die “Tanzenden Kraniche”, ein Multimedia-Spektakel. Am “Boat Quai” des Singapore River suchen wir aus der langen Reihe an Lokalen ein italienisches aus und essen Pasta.

Zum Abschluss besuchen wir noch einen in der Naehe gelegenen chinesischen Tempel. Er liegt eingezwaengt inmitten von Buerohochhaeusern. Durch ein Tor schreitet man in einen baumumstandenen Innenhof mit Raeucheroefen, an denen  man die Gebetsstaebchen entzuendet. Dann erhebt sich vor uns der niedrige Tempel mit zwei Eingaengen, Bildtafeln an den Aussenwaenden und Schnitzereien am Dachgibel. Vor allem Drachenfiguren fallen uns auf. Leider sind die Spuren des Verfalls sichtbar. Wir betreten das bunte Innere und erfahren, es handelt sich um einen taoistischen Tempel, den aeltesten chinesischen Tempel Singapurs. Ein Ort der Ruhe, an den sich keine Touristen verirren, nur Chinesen, die hier ihre Opfer und Gebete vorbringen. Von allen Tempeln, die wir gesehen haben, gefiel  er uns am besten, aber von der Vielzahl an Tempeln in Singapur haben wir ja nur wenige gesehen.

Abends  dann Abflug von Singapur. Der Quantas-Flug fiel  aus, wir flogen mit Britisch Airways, maessiger Service, eng, aber man konnte sich an dem im Vordersitz eingebauten Bildschirm die Zeit vertreiben, Flugroute beobachten, Filme sehen, Musik hoeren … 17 Stunden Flugzeit, einmal flogen wir in die Morgensonne, dann wieder in die Nacht. Morgens um 5 Uhr Ankunft  in London Heathrow, endlose Gaenge zum Gate des Fluges nach Barcelona. Und endlich hat uns Spanien wieder. Mit dem Taxi zum Bahnhof Sants: Draengeln, Hupen, ruecksichtsloses Ueberholen im Verkehr, im Bahnhof hastende Menschen, Schubsen, muerrische Gesichter. Beim Einsteigen in den Zug werden wir im Gedraenge beklaut - Wolframs Geldbeutel mit Fahrkarten, Kreditkarte und Geld weg, aeussert geschickt aus einer verschlossenen Hosentasche gezogen. Europa – wie gehabt! Der Zug fährt ab und die Diebe sind spurlos untergetaucht. Ein Schaffner, der Probleme wegen der fehlenden Fahrkarten haette machen können, kommt nicht. In Figueres angekommen, lassen wir die Kreditkarte sperren, der entwendete Geldbetrag war nicht hoch. Also ein ertraeglicher Schaden, aber der Schreck und der Aerger! Trotzdem: wir freuen uns, wieder in unserem Haeuschen in Margarita wohlbehalten, wenn auch muede, anzukommen, Blumen auf dem Tisch, alles in Ordnung, Freunde haben dafuer gesorgt. Danke!

Bildergalerie: Eine Tour durch Singapur (Bilder werden durch Anklicken vergrößert)



"Little India" - Impressionen

Das Hotel, in dem wir übernachtet haben



Rundfahrten und Rundgänge - eine Vielfalt an Vierteln, Bauten und Stilen

Sultan Palast und Moschee


Hinduistischer Sri Mariammam Temple



Im chinesischen Viertel


Buddha Tooth Relict Temple



Im Museum der asiatischen Zivilisationen - Zen Räume
Außenkunst
Ruhepausen am Singapore River und anderswo




Fahrt mit dem "Singapore Flyer"

Auf der Freizeit-Insel "Sentosa"


Sentosa Unterwasserwelt - das größte Aquarium der Welt
Blick zurück auf die Insel - mit dem "Merlion", dem Wahrzeichen Singapurs, einem Fabelwesen mit Löwenkopf und Fischleib
die "Tanzenden Kraniche" - noch nicht in Aktion
Vor dem Besuch des ältesten chinesischen Tempels - Thian Hok Keng - machen wir eine Pause

Singapur in drei Tagen ist anstrengend ... doch wir nehmen viele interessante Eindrücke von dieser vielfältigen Stadt mit. Nicht nur der "Merlion" - der mächtige Meer-Löwe - ist für uns Symbol Singapurs, sondern auch dieser stille kleine Glücksbringer-Mönch, den wir an einem Parkzaun fanden.

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