3. Ausflüge: die Delfine von Monkey Mia, National Parks Cape Peron und Kalbarri, Urzeit-Stromatolithen am Hamelin Pool - und eine Einführung in die Welt der Erstbewohner Australiens


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Shark Bay - 1. Advent 2010

G´day, Freunde!

Heute ueber einige Ausfluege an der mittleren Westkueste, im Bereich der  Shark Bay.

Eine weltbekannte Attraktion ist die Begegnung mit den Delfinen am Strand von Monkey Mia. Auf dem Weg dahin lief uns in Denham ein Emuvater mit seinen Jungen ueber den Weg (die maennlichen Tiere brueten und ziehen die Jungvoegel auf). Die Tiere sind nicht von ihren alten Wegen abzubringen, man lässt sie und begegnet ihnen mit Respekt. Anders können sie auch ziemlich ungemütlich werden. Monkey Mia - ein paradiesicher Strand mit Palmen, weissem Sand und einigen touristischen Anlagen.

Seit Jahrzehnten kommen dort allmorgendlich die wilden Flaschennasen-Delfine an den Strand, um aus der Hand von  Mitarbeitern des Resorts und Touristen einige Fische zu bekommen. Es sind nur die Weibchen, die kommen, und wir hatten das Glueck, dass eines sein neu geborenes Junges mitbrachte. Dagmar bekam die Gelegenheit, eines der Tiere zu fuettern. Vorher muessen uebrigens die Pelikane etwas abbekommen, sonst gibt es Streit mit den Delfinen. Jeder Delfin ist bekannt, hat seinen Namen, Eigenarten und Schicksal.

Nach diesem bewegenden Erlebnis machten wir einen Segeltoern auf dem grossen Katamaran „Shotover“. Bei starkem Wind entwickelte er mit seinen gewaltigen Segeln eine enorme Geschwindigkeit. Draussen bei ausgedehnten Seegraswiesen verlangsamte er seine Fahrt und wir sahen „Dugongs“, Seekuehe, weiden. Unfoermiger Kopf, langgestreckter Koerper. Mit etwas Phantasie kann man sich vorstellen, dass sexuell ausgedoerrte Seeleute sie fuer „Meerjungfrauen“ hielten! Ihre groessten Feinde sind die Tigerhaie, von denen wir aber keinen sahen. Wegen der vielen Haie, die dem  englischen Naturforscher William Dampier 1699 hier auffielen, wurden die beiden, zwischen grossen in den Indischen Ocean vorspringenden Halbinseln liegenden Buchten „Haifischbay“ genannt. 

Ein abenteuerlicher Ausflug war die Fahrt an die Nordspitze der mittleren Halbinsel der Shark Bay, das Cape Peron. (Genannt nach dem Naturforscher Francois Peron, der als Mitglied franzoesischer Expeditionen 1801 und 1803 die Gegend erforschte.) Von der befestigten Strasse aus fuehrt eine Piste in den ausgedehnten Naturpark, die letzten 40 km durch eine Sandpiste, die nur mit starken  4 WD – Wagen befahren werden kann. Wir kommen an eine alte „Station“, eine Schaffarm, die heute Museum ist. Wir sparen uns das Bad im artesisch gespeisten  Brunnenbecken (ca. 45 Grad), da es eh so heiss ist. Dann wurde die Luft an den Reifen reduziert und E. fegte teilweise mit 60 Stundenkilometern durch den roten Sand, was ich mich nie getraut haette. Aber man muss schnell fahren, um nicht stecken zu bleiben! Um uns eine phantastische Landschaft mit vielfaeltigen gruenen Bueschen, Tamarisken, Sandelholz, Spinifex-Gras, ausgedoerten Gips-Salzlagunen und karg bewachsenen Duenen. Kein Wagen begegnet uns. Beim Austeigen an einem Strand ueberfaellt uns die Hitze und die Fliegen. Ganz nah sehen wir eine riesige Seekuh weiden. Tausende von Komoranen stehen am Sandufer und stinken fuerchterlich.

Wir fahren weiter zum Cape, einem der westlichsten Punkte Australiens.  Auf hohem roten Felsen zwei Aussichtsplatformen. Wir blicken auf das klare gruene und leicht bewegte Wasser hinab. Eine Welt des maritimen Lebens eroeffnet sich uns. Schulen von schwarzen Adlerrochen fliegen durch das Wasser. Bisweilen springen sie aus ihrem Element, zeigen ihre weissen Baeuche und segeln durch die Luft. Ein riesiger Mantarochen bewegt sich langsam im tieferen Gewaesser. Am Felsufer paddelt eine grosse gruene Schildkroete. Etwas weiter weg eine Delphinmutter mit ihrem Jungen. Spielerisch jagen die beiden eng an eng im Wasser. Ihre schwarzen Ruecken und Dreiecksflossen ragen immer wieder hervor. Blitzschnell packt die Mutter einen Fisch. Da – in das Blickfeld meines Fernglases schiesst ein grau-brauner Hai, gut 3 m gross. Auch er jagt einen Fisch, dreht sich und verschlingt ihn. Spaeter sehe ich einen kleineren gepunkteten Hai . Es ist – wie wir erfuhren - ein Zebra-oder Leopardenhai, ein fuer uns harmloser Geselle. Er spielt, legt sich auf die Seite und zeigt mir sein breites Maul. Was fuer eine Schoepfungsvielfalt! Shark Bay ist mit Recht „Weltkulturerbe“.

Waehrenddessen angelt E. unten auf einem Felsen. Er faengt 6 Tailorfische, die sich heftig wehren aus dem Wasser gezogen zu werden. Sie werden uns gegrillt am Abend gut schmecken.

Australien hat eine Fuelle von ausgedehnten „Naturparks“ geschaffen, die vorbildlich gefuehrt werden. So erhaelt man – mit strengen Auflagen – die urspruengliche Natur und will die Umweltsuenden der vergangenen Zeiten gut machen. Das erleben wir auch im Kalbarri Nationalpark, der ca. 400 km suedlich von Denham liegt.

In Kalbarri, einem reizenden Seebadeort, der jetzt aber wenig bevoelkert ist, uebernachten wir in einem gut gefuehrten Bed- and Breakfest-Hotel. Wieder stellen wir fest, wie freundlich und hoeflich die Menschen in Australien meist sind. Nachmittags besichtigen wir einen Papageien-Park, in dem viele bunte Papagaien und Sittiche Australiens und anderer Weltgegenden zu sehen sind. Abends besuchen wir ein uriges und beruehmtes Fischrestaurant und ein Pub. Ein wildgelockter junger Mann spielt hinreissend Guitarre und Digeridoo, aber findet wenig Beachtung bei den „herumhaengenden“ Australiern. Eine andere Bemerkung moechte ich hier machen: Australien ist jetzt fuer Europaer ein sehr teures Reiseland. Ein Bier ist suendhaft teuer – eine kleine Flasche „Corona“ – allerdings ein Importbier – umgerechnet mehr als 7  Euro in dem Pub!  

Am naechsten Morgen fahren wir frueh in die Naturschutzzone ein. Am Eingang zahlen wir eine Eintrittsgebuehr und dokumentieren unseren Besuch. Dann geht die Fahrt auf einer guten Piste zum Murchison River. Hier eine ganz andere Pflanzenwelt und Landschaft als an der Shark Bay. Am Rande der Piste rosa Bluetenbueschel, kleine Banksienbaueme mit grossen Fruchdolden, sonderbare Baeume mit Grasbuescheln auf dem robusten Stamm (Grass-Trees) – die Bilder sollen einen Eindruck zeigen! Der Murchison River hat sich tief in rote Sandsteinfelsen gefressen. Von Aussichtspunkten haben wir phantastische Ausblicke in die bizarr geformte Felslandschaft und sehen tief unten die gruenen Gumpen des jetzt wasserarmen Flusses. Obwohl ueberall steht „Sun kills – die Hitze toetet“, wandere ich unter den besorgten Blicken von Gattin und Tochter zum Fluss hinab. Dort unten kann die Temperatur bis auf 50 Grad steigen. Das Wasser – umstanden von Eukalyptusbaeumen - brackig  und stinkend, bruehwarm.

Wieder oben angekommen, muss ich mir eine Standpauke meiner australienerfahrenen Tochter anhoeren: So etwas macht man nicht, ist gefaehrlich – Australien ist nicht Europa.

Auf der Heimfahrt machen wir an Hamelin Pool, einer alten, 1884 eingerichteten Telegraphenstation, Halt. Wir wandern zum Strand. Dort gibt es „Steinbrueche“, in denen Quadern aus gepressten Muscheln abgebaut wurden. Viele der alten Stationshaeuser wurden aus diesem Material gebaut (heute ist das verboten). Was wir aber suchen, sind die weltberuehmten Stromatolithen, die aeltesten Lebewesen der Welt. Es sind Einzellerkolonien, die kleine „Felsen“ im flachen Wasser bilden. Es gibt sie lebend nur noch hier und in Mexiko. Sie haben die erste Erdatmosphaere erzeugt und damit die weitere Evolution ermoeglicht. Nun liegen sie im Spaetnachmittagslicht vor uns. Wir fuehlen uns an den Anfang der Schoepfung zurueckversetzt!

Am naechsten Tag fahren wir abends von E.s einsam gelegenen „Ocean Park“ – wo wir jetzt wohnen - ueber Denham – die einzige kleine Stadt an der Shark Bay, ehemalige Perlenfischeransiedlung – wieder nach Monkey Mia. Wir nehmen ein erfrischendes Bad im Ozean, wobei wir uns am Rande des Wassers aufhalten. Manchmal kommt hier schon ein Tigerhai auf der Suche nach fetten Seekuehen vorbei, wobei er auch schon mal mit einem Menschen vorlieb nimmt.

Dann erwartet uns und andere Gaeste der Aborigine „Cape“. Darren Capewell - wie er richtig heißt - ist ein moderner Indigene, der aber auch das Wissen seiner Ahnen bewahrt. Er will uns in die Welt der Ureinwohner der Shark Bay einfuehren. Hier lebten seit 30 000 Jahren Aborigines als Jaeger, Sammler und Fischer, bis Mitte des 19.Jahrhunderts die ersten europaeischen Siedler ihr Leben veraenderten. Die erste dokumentierte – und missglueckte - Kontaktaufnahme von Europaern mit Aborigines war 1801 mit der franzoesischen Forschungsgruppe des Kapitaens Baudin. Gluecklicher verlief eine spaetere Begegnung 1818 – mit teilweise denselben Expeditionsmitgliedern des Schiffes „Uranie“. Sie endete nach anfaenglicher beiderseitigem Misstrauen in einem gemeinsamen Tanz, wobei die Eingeborenen mit ihren Klanghoelzern und der Spanier Jaques Arrago (ein Katalane?) mit Kastagnetten den Takt schlugen.

Inzwischen ist es dunkel geworden. Cape fuehrt uns auf einem Sandweg durch den Busch. Wir folgen ihm etwas beklommen. Unsere Nachfrage nach den giftigen Schlangen beantwortet er so: „Keine Sorge! Ich habe die Erde gebeten, die Schlangen zurueckzuziehen.“ Rauchgeruch zieht durch den Busch. Wir kommen auf einem freien Platz an, auf dem ein Feuer brennt, ein Bush-Camp. Dahinter ein „heiliger“ Platz ueber einer Hoehle. Beide duerfen nicht betreten werden, da es zeremonielle Treffpunkte der Aborigines sind.  Wir lagern uns um das Feuer. Ein rauchender Sandelholzast verbreitet einen angenehmen Geruch. Ein kleiner Junge, der Helfer von Cape, zieht einen Kreis mit dem gluehenden Sandelholz um uns, ein schuetzender Ritus, wie uns Cape erklaert. Er begruesst uns mit dem traditionellen Gruss „Wula Guda Nyinda’ ( „Du kommst diesen Weg...“) mit dem ein Treffen mit dem Austausch von „Geschichten“ eingeleitet wird. Wir reiben uns die Haende mit der roten Erde ein, eine traditionelle Begruessung, die die Verbundenheit mit dem heimatlichen Land zeigt. Auf der heissen Asche des Feuerrandes liegen mehrere Fische, Mullets, die eingeborene Fischer gefangen haben. Es sind „Medizinfische“, deren Fett gesundheitsfoerdernd ist. Cape zeigt uns, wie man ihre Haut entfernt und sie isst. Waehrend wir essen, erzaehlt uns der sympathische Aborigine von der Lebensweise und den Gebraeuchen der Ureinwohner. Er nennt uns die urspruenglichen Namen der Gegend. Auf einer in den Sand gezeichneten Karte zeigt er uns die Verteilung der Staemme hierzulande und erlaeutert ihre Beziehungen untereinander. Die Aborigines lebten in Verbundenheit mit ihrer Region und ihrer Erde. Sie gab ihnen alles, was sie brauchten. Strenge Gesetze, die der Lebensweise hier angepasst waren, regelten ihr Leben und drastische Strafen standen auf ihrer Uebertretung. Fuer die Europaer, die hier ankamen, war „Gutharaguda“ – „die zwei Buchten“ (Shark Bay) eine oede, feindliche Landschaft, die Eingeborenen „Wilde“. Sie verstanden nichts von ihrer Kultur, die dem Leben des Landes voellig angepasst war. Capes Botschaft gipfelte darin: „Wir hoeren auf die Erde und sie spricht mit uns“. Er erzaehlt uns von den Mythen der Eingeborenen: In der Schoepfungszeit, der „Traumzeit“, haben die „Urahnen“, unter ihnen die „Regenbogenschlange“, die Landschaft, die Huegel und Flusslaeufe geschaffen. Heilige Plaetze erinnern an ihr Wirken. Auf die Frage, ob die Tradition und Kultur der Aborigines noch lebendig sei, antwortet er: „Sie ist nicht tot, sie schlaeft im Lande.“

Er erzaehlt auch von der harten Behandlung und dem Unverstaendnis, die die urspruenglichen Bewohner des Landes von den Europaern erfuhren, von der „verlorenen Generation“, die von ihrer Familie, ihren Staemmen, ihrer Erde und aus ihrer Kultur gerissen und in Heime, in weisse Familien und Arbeitsverhaeltnisse der Kolonisten gesteckt wurde. Sein Plaedoyer war ein Aufruf zum Respekt vor den verschiedenartigen Kulturen und der heimatlichen Erde.

Meditatives Spiel auf dem Digeridoo, dem traditionellen Instrument der Ureinwohner vieler Gegenden Australiens, beendete das Treffen. Auch ich nehme das Instrument zur Hand, aber auf dem fremden Instrument gelingt es mir nicht, an die Beherrschung von Cape heranzureichen. Nachdenklich schritten wir durch die Nacht zum Ausgangspunkt zurueck.

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Emufamilie auf einer Straße in Denham

Monkey Mia: Delfine und ein Segeltörn
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Cape Peron - ein Naturparadies
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Kalbarri und der bizarre Kalbarri - Nationalpark am Murchison River

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Hamelin Pool und die Stromatolithen

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Nächtliches Lager mit "Cape"
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