Kununarra 19.03.2011 (Fortsetzung)
Abends bricht die Dunkelheit um halb sechs
urploetzlich herein. Da muss alles vorbereitet sein. Um 5 Uhr werden die
Alkohollaeden geoeffnet – und wie die Aborigines stroemen wir dann dorthin und
besorgen uns kaltes Bier oder Wein. Dann sitzen wir unter dem tropischen Himmel
bei Palmen – wenn nicht gerade wieder ein Schauer kommt – sehen die grossen
Flughunde, hoeren die Eulen … Oder wir gehen in den nahegelegenen Pub, wo die
Australier sich treffen, viele Typen, jeder tut, was ihm Spass macht, Billard
spielen, Fernsehen, dem Gitarrenspieler lauschen, essen, oder einfach nur vor
seinem Glas Bier sitzen, ziemlich lebendig alles – und um 9 Uhr wandern fast
alle ins Bett – ausser am Mittwoch oder Samstag. Da treffen sich die jungen Leute aus dem Ort
und der Umgebung im Pub, nach laendlich-australischem Geschmack herausgeputzt
und gestylt. Vor allem die jungen Frauen versuchen sich im Karaoke. Nicht immer
machen sie auf der Bühne eine glückliche Figur oder zeigen sich als
stimmbegabt. Macht nix! – Sie sind von sich ueberzeugt, haben Spass und machen
junge Maenner auf sich aufmerksam. Wer gut ist oder besonders nett aussieht,
bekommt viel Beifall und muss wiederholen. Partnerboerse im Outback! Auch wir
haben unseren Spass.
Aber das unfreiwillige Warten hier in
Kununura stellt uns schon auf eine Geduldsprobe. Im Supermarkt werden die Nahrungsmittelvorraete immer knapper, da wegen der gesperrten Strassen kein Nachschub mehr durchkommt. Aergerlich war auch, dass unser Auto, das vor
der Jugendherberge stand, wo wir erst uebernachtet haben, aufgebrochen wurde.
Dagmars (bescheidener) Schmuck wurde gestohlen und auch sonst noch einiges. Die
Polizei und wir vermuteten jugendliche Aborigines als Taeter. Es stellte sich
aber heraus, dass es europäische Backpacker waren. Sie hatten mit uns im Hotel uebernachtet und wir hatten sogar den Abend mit ihnen im Hof des Hostels verbracht (!). Morgens waren sie verschwunden. Einer wurde von der Polizei gestellt, aber die geklauten Sachen fand man nicht mehr bei ihm. Fuer das eingeschlagene Austellfenster unserer Ethel bekamen wir in der Toyota-Werkstatt Ersatz und ein hilfsbereiter Mitarbeiter des Hostels baute es uns ein.
Kununurra (sprich Kananarra) ist die nordoestlichste Stadt Westaustraliens, kommt kurz nach der Grenze zum Northern Territory. (Bei der Grenzueberquerung mussten wir wieder mal alle landwirtschaflichen Produkte wegwerfen, um keine Schaedlinge einzufuehren, selbst ein verschlossenes Glas Honig, das wir noch in Westaustralien gekauft hatten.) Kununurra (Aboriginal-Sprache "Viel Wasser" - können wir bestätigen!) ist eine junge Siedlung, reines Versorgungzentrum fuer die
Umgebung, als Stadt uninteressant, bekannt aber und in der Saison viel besucht als “Tor zu den Kimberleys”, die den Ort umgeben. In einiger Entfernung befindet sich die groesste Diamantenmine der
Welt, die ueber ein Drittel der Weltproduktion foerdert. In Laeden werden die
bearbeiteten farbigen Diamanten verkauft, sehr teuer. Um uns auf dem
Campingplatz wohnen vor allem Minnenarbeiter, denn die Mieten sonst sind
horrend. In der Ebene um K. gibt es riesige Plantagen, Mangos, Bananen,
Pfirsiche, Sandelbaeume usw. Zu ihrer Bewaesserung hat man den Fluss gestaut,
Bewaesserungskanaele und den groessten Suesswassersee Australiens, den Lake
Argyle, angelegt. Sonst wachsen hier auch viele Boab-Baeume. Sie sehen mit
ihrem flaschenfoermigen,
wasserspeichernden Stamm, der
verschiedene Formen annehmen kann, sehr urzeitlich aus.
Die nachmittaeglich-abendliche Kreuzfahrt
auf dem Lake Argyle war ein Highlight auf unserer Australienreise. Schon die
Fahrt dahin durch die roten Kimberleyberge und durch einen reissenden Fluss war
spannend und aufregend. Nur wenige Personen fuhren mit uns – und so war es eine
sehr persoenliche Athmosphaere mit einem netten Bootsfuehrer. Der See mit
seinen fjordartigen Auslaeufern ist riesig, ueber 1000 Quadratkilometer, wir
durchkreuzten nur die Haelfte. Die umgebende Berglandschaft mit ihren schroffen nackten Sandsteinformationen ist
beeindruckend. Man sieht deutlich die gewaltigen Presskraefte der Erde und die
Arbeit der Erosion. Urlandschaft,
Jurassic-Park – alles extrem, wie so oft in Australien.
Der See soll die Heimat von 25 000
Frischwasserkrokodilen sein und hat auch sonst ein reiches Wildlife (Fische,
Voegel, Wallabies). Wir erfuhren auch, warum wir bisher kaum Krokodile gesehen
hatten; das Wasser ist derzeit so warm, dass sie nicht an Land gehen muessen,
um sich aufzuwaermen, was sie sonst in den Morgen- und Abendstunden tun.
Trotzdem sind sie ueberall praesent. Beim Fischefuettern schwamm eines direkt auf uns zu und wir konnten das ca. 3 m
lange Tier gut beobachten und fotografieren. Die Suesswasserkrokodile, die
“Freshies”, sind uebrigens fuer Menschen
harmlos, wenn man sie in Ruhe laesst. So badeten wir bei Sonnenuntergang und
Mondaufgang unbesorgt mitten im See. Auf Schwimmstangen im warmen Wasser
sitzend, wurden wir vom Boot aus mit Champagner und Kaesekraeckern versorgt. An Dagmar schwamm eine kleinere Echse ganz nahe vorbei. Der Bootsfuehrer sah das vom Schiff aus und rief ihr zu: "Ganz ruhig bleiben!" Und tatsaechlich drehte das Tier ab - es wollte wohl nur seine Neugier befriedigen.
Die viel
groesseren und gefaehrlichen Leisten - oder Salzwasserkrokodile (“Salties”) konnten wir
bei einem Besuch der Krokodilfarm in Wyndham beobachten. Wyndham liegt am
Zusammenfluss von 5 Fluessen, am Cambridge Gulf, einer Bucht der Timor-See. Die alte Pioneer- Goldgräber- und
Hafenstadt, die bei der Besiedlung der Region eine wichtige Rolle spielte, ist
heute ein heruntergekommenes Nest, vollends nachdem eine Fleischverarbeitungsfabrik eingestellt wurde. Von einem Aussichtpunkt aus blickt man auf eine
riesige Watt-, Marschen- und Wasserlandschaft mit Mangrovenwaeldern, durchsetzt
von Inseln und umgeben von Bergen. Wieder eine Urlandschaft. Hier leben die
groessten Krokodile der Welt, bis zu 6/7 m lang, auch sie “Urviecher”, saurieraehnlich. Wir haetten nie gedacht, dass sie so gross, so gewaltig und so furcheinfloessend sind. In unseren Zoos
gibt es solche Exemplare nicht, wie wir sie in der Krokodilfarm sahen. Sie werden
dort in Teichen und Pools zur Aufzucht gehalten. Zur Paarungszeit, oder wenn
sie sich sonst vertragen, paarweise. Die Eier werden ihnen weggenommen und
kuenstlich bebruetet. Die einjaehrigen Krokodile werden weiterverkauft und zu
Handtaschen, Guerteln usw. verarbeitet. Frankreich (Leder) und China (Fleisch) sind
die Hauptabnehmer. Die Aufzucht haben wir nicht gesehen, angeblich, weil die
jungen Krokodile so schreckhaft sind, aber wohl auch, weil die Verhaeltnisse
huehnerfarmaehnlich und damit nicht ansprechend sein duerften. Die maechtigen
maennlichen Echsen machen einen wirklich gefaehrlichen Eindruck, mit ihren
gewaltigen breiten Kiefern, den langen Hauern, den kalt blickenden Augen und
maechtigen Pranken. Sie holen mit dem Schwanz aus und springen bis zu 2 m hoch
aus dem Wasser, um sich den vorgehaltenen Fleischbrocken zu holen (oder auch
schon einmal den Fotoapparat). Es vergeht einem die Lust, hier nahe an
Meer, Fluessen, Kanaelen oder Wasserloechern spazieren zu gehen oder gar darin
zu baden. Jedenfalls habe ich nach der Besichtigung meinen morgendlichen Lauf entlang eines Kanals aufgegeben. Die Tiere beobachten
mögliche Beute eine Weile – und dann packen sie sie, auch ausserhalb des
Wassers.
Trotzdem tun einem die eindrucksvollen Tiere in ihren engen
Behausungen leid.
Man hat die grossen Echsen irgendwo eingefangen, weil sie gefaehrlich
wurden. “King” z. B., ein riesiges Tier, wurde einem Bewaesserungkanal bei
Kununurra entnommen. “Oscar” lebte in einer Schlucht bei der Rinder-"Station" “El Questro”, die wir leider wegen gesperrter
Strasse – wie auch die beruehmten “Bungle Bungle”-Berge – nicht besuchen
koennen. Eines Tages begann Oscar dort Kanus, die da vermietet wurden,
umzuschmeissen (wahrscheinlich sind ihm die vielen Touristen auf die Nerven gegangen !). Den Menschen hat er offenbar nichts getan, aber dem Besitzer
wurde dieses Tun zu gefaehrlich und so kam Oscar in die Krokodilfarm, wo ihn
nun die Touristen bestaunen – welche Ironie des Schicksals! Ueberhaupt haben
die Echsen ihren eigenen Charakter. Einer springt einfach nicht (warum auch –
er kriegt seinen Brocken doch sowieso) und scheint auch sonst friedlicher zu
sein, “ Devil” macht alles nieder, was in seinen Bereich geraet, auch andere
Krokodile; die “ Weiber” – sehr viel kleiner als die Maennchen – scheinen zickig
zu sein, sie fauchen und grollen sich an, wenn sie sich bei der Fuetterung in
die Quere kommen. Wusstet Ihr, dass Krokodile bruellen koennen, wie Loewen?
Ein interessanter Besuch, aber langsam
haben wir alle Attraktionen in Kununurra
abgeklappert und wir moechten
weiter. Auf dem Campingplatz sieht man
uns fast schon aus Dauerbewohner an und in der Kneipe raet man uns: “Bleibt
hier, Kununara ist doch so schoen!” Bei der Strassenbehoerde werden wir von
einem Tag auf den anderen vertroestet. Wir finden es langsam einen Skandal,
dass man hier Bruecken baut, auf denen man ueber Urwaelder spazieren kann, aber
nicht in der Lage sein soll, eine Hauptverkehrsstrasse (die einzige nach
Broome) wieder, wenigstens notduerftig, passierbar zu machen.
23.03.
Heute heisst es, dass die Strasse am
Freitag/Samstag geoeffnet wird, fuer 4WD-Fahrzeuge
mit Funk (haben wir), wenn das Wetter mitmacht. Drueckt uns den Daumen!
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Nicht immer ist das Wetter schlecht - Dann machen wir es uns auf diese Weise gemütlich auf dem Campingplatz in Kununarra
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Camperkitchen - hier frühstücken wir und flüchten uns auf die erhöhte Fläche und unter das Dach, wenn es mal wieder gießt
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Für Erfrischung ist gesorgt - Swimmingpool auf dem Campingplatz
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Auch diese Echse ist hier zuhause
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Hier das Backpacker Hostel, in dem wir uns vor dem Campingplatz einquartierten
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Das ist die kaputte Scheibe, die Backpacker einschlugen, um Ethel zu öffnen und Dagmars Schmuck zu entwenden
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Aborigines in Kununarra bei einem Flaschenbaum
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"The Pub" (Bild: Kununarra Hotel)
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Immer noch wird hier Karaoke angeboten
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Baum (Feigenart?) im "Arboretum" von Kununarra
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Um Kanunarra gibt es viele Fruchtplantagen - hier werden Bananenstauden angebaut
 | Kununarra ist das Tor zu den Westkimberleys mit ihren roten Sandsteinfelsen |
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Am Eingang zum Hidden Valley (Mirima National Park) finden wir blumengeschmückte Gräber (von Aborigines, für die das Tal eine Traditionsstätte ist ?)
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Hidden Valley
Auf dem Weg zum riesigen Stausee "Lake Argyle"
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Ein Boot erwartet uns
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Vom Boot aus überblicken wir die von Bergen umgebene Wasserfläche
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Der Bootsführer zeigt uns die Staumauer
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Wasserzufuhr
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Wir steuern Felsen an ... |
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... auf denen Bergkängurus (-wallabies) leben ...
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... eines wartet schon auf den Bootsführer, der ihm ein paar Leckerbissen zuwirft
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Fische werden angefüttert, um Suesswasserkrokodile anzulocken ...
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... und schon kommt eines angeschwommen, kennt wahrscheinlich auch die Prozedur ...
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... es ist beachtliche 3 m lang (was man auf dem Bild nicht erkennt) ...
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... blickt grimmig, ist aber für Menschen harmlos. Trotzdem sollten wir die Hand nicht ins Wasser halten, meint der Bootsführer
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Die Sonne geht unter, die Nacht bricht an und Vollmond glänzt über Bergen und See
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Wir sind mutig und begeben uns ins dunkle Wasser ..
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... die Krokodile machen sie uns nicht streitig
Auf dem Weg nach Wyndham sehen wir Boab-Bäume ...
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... kommen an Feuchtgebieten vorbei, in denen Vögel brüten - oben: weiße Kakadus, unten: Brolgas (Kranichvögel) im Vorbeiflug
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... treffen auf Rinderweideland ...
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... klettern zur Schlucht "The Grotto" hinunter ...
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... trauen uns aber nicht in den Bade-Pool unter dem Wasserfall hinein (Salzwasserkrokodilgefahr in der Regenzeit!)
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Wyndham - verlassenes Gebäude ...
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... am Hafen
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Weite Marschlandflächen am Cambridge Gulf ...
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... auf die wir von einem Aussichtspunkt hinabblicken. Dies ist die Heimat der größten Krokodile der Welt
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Oberhalb von Wyndham entdecken wir die Traumzeit-Statuen eines eingeborenen Künstlers
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Am Ortseingang von Wyndham empfängt ein riesiges Beton-Krokodil die Besucher. (Krokodile sind Wyndham als Touristenattraktion geblieben)
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Wir erleben lebendige Exemplare in der Krokodil-Farm, die auf Absprache für uns und einige andere Touristen geöffnet wurde
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Hier sieht man, wie gut getarnt die Tiere an Uferflächen liegen können
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... und eben so unauffällig schwimmen sie im Wasser
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Fütterung - eines der Urtiere nähert sich ...
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... und schnappt sich einen Brocken ...
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... dann zieht es sich zurück ...
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...und legt sich zur Ruhe
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Eines der unverträglichen und agressiven Männchen - ein wahrhaft furchterregender Geselle |
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Dies sind kleinere Krokodilweibchen, die außerhalb der Paarungszeit getrennt von den Männchen leben und sich mehr oder weniger vertragen
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Noch einmal einen Blick auf zwei der eindrucksvollen Tiere ...
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... und unten zum Vergleich ein Süßwasserkrokodil
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