15. "Es ist Regenzeit im tropischen Norden" - Darwin, Litschfield und Kakadu Nationalpark

 
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Heute, am 19. Maerz, sitzen wir seit ueber einer Woche in Kununurra und warten, dass die Strasse nach Broome geoeffnet wird. Immer wieder brauen sich dicke Wolken zusammen und schuetten ihren Inhalt ueber uns  aus. Das macht wenig Hoffnung.

Aber der Reihe nach. Von Katherine aus fuhren wir Richtung Darwin. Da uns aber unsere neuen Bekannten, G.und R., signalisiert hatten, es lohne sich derzeit nicht, den Kakadu-Nationalpark zu besuchen, bogen wir nicht auf den Weg zu diesem ab. Unterwegs wies uns eine Tafel auf den Litchfield Nationalpark hin. Und kein Schild verkuendete: “Road closed”. Kurz entschlossen schlugen wir den Weg ein. Und wir waren ueberwaeltigt von den Schoenheiten dieses Nationalparks: riesige Termitenhuegel am Anfang, dann gigantische Wasserfaelle, atemberaubende Schluchten, geheimnisvolle Felsgebilde und beim Wangi-Fall ein kleiner  tropischer Dschungel, durch den wir spazieren konnten (mit  warmem tropischen Platzregen als passender Zugabe). An jedem Wasserlauf fanden wir den Hinweis: "Vorsicht Krokodile – nicht schwimmen!" Zu anderen Zeiten ist der Nationalpark wegen seiner Naturpools unter den Wasserfaellen ein beliebtes Badeparadies. In der Regenzeit hat man aber schon große Salzwasserkrokodile in den Gewaessern entdeckt, die die Fluesse hinaufwandern. Dennoch sahen wir ein mutiges (oder leichtsinniges?) Paar im See unter dem Wangi-Fall baden, unbeschadet.

Wir haben keine Krokodile gesehen. Dafuer begegneten uns eine Menge anderer Tiere – schwarze und weisse Kakadus, Schleierschwanzvoegel, Dingos, Wallabies … Leider brachte ich in der Daemmerung mein erstes Kaenguruh zur Strecke – ein Wallabi sprang in unser Auto, Ausweichen unmoeglich. Als wir wenig später zurückkehrten, war das tote Tier von der Straße verschwunden - wahrscheinlich hatte sich ein Dingo die leichte Beute geholt. Einer stand bei der Fahrt durch den Wald am Strassenrand. Ich hielt und stieg vorsichtig aus - bei geöffneter Tür. Ich wollte testen, wie ein Wildhund auf einen freundlichen Menschen reagiert und sprach ihn ruhig an. Er fluechtete nicht, beobachtete mich mit kalten Augen und sah sich nicht veranlasst, mit dem Schwanz zu wedeln, wie das ein Haushund getan haette. Ich zog es vor, mich wieder ins Auto zurückzuziehen. Spaeter fragte ich R., den Tierarzt, was dem Dingo wohl "durch den Kopf gegangen" sei. R. meinte trocken. "Er hat abgeschaetzt, ob du ein geeigneter Fressobjekt bist."  

Auf einem Safari-Campingplatz, mitten im Outback, uebernachteten wir. Diesmal nicht in unserer Ethel, sondern in einem der aufgestellten Wohnzelte, auf Pritschenbetten. Wir waren die einzigen Gaeste. Nachts suchte der Besitzer mit Lampe und Stange den Platz ab. Wir fragen ihn, warum er das mache. Er antwortete, er suche nach "Cane-Toads" (den giftigen Aga-Kroeten, die im Norden Australiens zur Plage geworden sind). Wir hatten eher den Eindruck, dass er zu unserer Sicherheit nach Krokodilen Ausschau hielt, da am Rande des Platzes ein Fluss vorbeirauschte, an dessen Ufer ein Schild vor Krokodilen warnte.

Darwin fanden wir enttaeuschend, das mag mit der Regenzeit  zusammenhaengen. Lauter neue Gebaeude – erklaerlich, weil der Zyklon Tracy die Stadt 1974 fast voellig niedergelegt hatte. Immerhin machte der Bummel durch das elegante Geschaeftsviertel Spass - wobei wir allerdings großen Wasserlachen ausweichen mussten. (Am naechsten Tag lasen wir in der Zeitung, dass man ein Suesswasserkrokodil auf einer Strasse gefangen habe.) Auch ein Spaziergang durch die Mangroven zu einem Strand war interessant. (Die Wege waren wegen der vorhergehenden Überschwemmungen noch abgesperrt; da wir sahen, dass das Wasser abgezogen war, begingen wir sie trotzdem.) Sonst fanden wir wenig Attraktives. Aber wir waren hier an das Top End Australiens gelangt, was wir ja wollten. Die Nacht auf einem Campinplatz war Horror – alles unter Wasser.

Auf dem Rueckweg nach Katherine bogen wir dann doch in den Kakadu Nationalpark ein. Wir dachten, wenn wir schon hier sind, dann muessen wir doch etwas von diesem beruehmten Weltkulturerbe gesehen haben. Die Fahrt ging zunaechst endlos durch wenig attraktive Eukalyptus-Waelder. Auf Bruecken ueber angeschwollenen Fluessen hielten wir vergeblich Ausschau nach Krokodilen. Seitenwege zu Aussichtspunkten, Schluchten und Wasserfaellen waren meist gesperrt. Wir sahen nicht ein, warum trotzdem ein nicht geringes Eintrittsgeld verlangt wird und drueckten uns erfolgreich vor dem Bezahlen, was wir an einem weit entfernten Informationszentrum hätten tun muessen. (Das moechten wir aber nicht weiterempfehlen, es zieht empfindliche Sanktionen nach sich, wenn man von einem Ranger kontrolliert wird.)

Unser Ziel waren die Burrungui(Nourlangie)-Felsen, eine rote Sandsteinformation, mit einer beruehmten Galerie von Eingeborenen-Zeichnungen. Sie waren eine der wenigen Attraktionen, die man anfahren konnte. Sie sind tatsaechlich faszinierend. Man spaziert zwischen den Felsen – die ein Zufluchtsort fuer Aborigines in Trocken- und Feuchtzeiten waren - und betrachtet die Malereien unter Felsueberhaengen. Alle moeglichen Tier- und Menschenfiguren, hinter denen Wissen und Geschichten stecken. Im Gegensatz zu den Zeichnungen, die wir bisher gesehen haben, die aus Symbolen bestanden, handelt es sich hier um figuerliche Kunst. Sie ist allerdings relativ  jung (vielleicht bis zu 20 000 Jahre alt). Die frischen Farben erklaeren sich dadurch, dass die Zeichnungen in der Vergangenheit immer wieder kultisch erneuert wurden. Heute sind sie mit einer Schutzschicht bedeckt.

Uns scheint, dass es zweierlei Arten von Aboriginal-Felszeichnungen gibt. Einmal die, die eine Art zeichenhafter "Landkarte" mit Hinweisen auf Lagerplätze, Wasserstellen und Nahrungsmöglichkeiten geben. Zum anderen diejenigen, die Traumzeit-Geschichten in figuerlichen Darstellungen erzaehlen.

Aber auch die "Landkarten" haben einen erzaehlerischen und spirituellen Hintergrund: diese Wege sind die Traumzeit-Ahnen gegangen, haben sie geformt und für die Menschen verfügbar gemacht. Wo z.B. ein Ahnenwesen Raupen gefunden und verspeist hat, können auch die menschlichen Nachkommen in seine "Fußstapfen" eintreten und dies tun. Dabei versteht es sich, dass dies nicht im Sinne der schrankenlosen Ausbeutung, sondern des schonenden Umgangs mit der Landschaft und ihren Ressourcen geschehen muss. Die verehrungswürdigen Traumzeitwesen haben die Menschen zu "Hütern" ihrer lebendigen Hinterlassenschaft gemacht.

In jedem Fall haben die Darstellungen "didaktischen" Charakter. Die Aborigines hatten ja keine Schrift und Buecher, um ihr Wissen und ihre Kultur an die nachfolgenden Generationen zu vermitteln. Die Felszeichnungen leben davon, dass das alte Wissen und die Geschichten weiter gegeben werden.

Erkennt man diese Zusammenhaenge, dann wird auch verstaendlich, warum traditionsbewussten Indigenen die Traumzeitpfade und heiligen Plaetze ihres Stammes- und Lebensraumes - die so oft von europäischen Einwanderen zerstört und mißachtet wurden und werden - für ihre Identitaet wichtig und erhaltenswert erscheinen.

In Katherine trafen wir auf unserem  schoenen Campingplatz wieder G. und R. und feierten nachtraeglich einen Geburtstag. Wolfram  war leichtsinnig und hatte sich nicht gegen die Muecken und Sandflyers eingesprueht. Wie ein von diesen Plagegeistern maltraetiertes Bein aussieht, zeigt ein beigefuegtes Bild. Tatsaechlich sind nicht die Schlangen, Spinnen, Krokodile, Haie die schlimmsten Viecher in Australien, sondern das stechende und saugende Ungeziefer, inbesondere hier im tropischen Norden und in der Regenzeit. Und es sind nicht nur schrecklich juckende Stiche, man fuehlt sich richtig krank nach solchen Attacken. 

Das Reisen im tropischen Norden zur Regenzeit ist eine Herausforderung. Es gibt positive Seiten: eine ueppige Pflanzenwelt, wunderschoene Palmen, bluehende Buesche, Schmetterlinge, eine Vielfalt an Voegeln, gefuellte Fluesse, Seen und Wasserfaelle. Ueberhaupt das Wasser – wir dachten Australien ist ein wasserarmes, duerres Land, dabei haben wir hier mindesten 8 Fluesse gesehen, die groesser als der Rhein sind, gewaltig, von den reissenden Baechen gar nicht zu reden. Leider sind aber auch die Strassen immer wieder ueberschwemmt und teilweise unpassierbar. Ohne unser hohes Allradfahrzeug waren wir gar nicht bis hierher vorgedrungen. Die Landschaft im Regen ist aber auch immer wieder faszinierend. Vieles kann derzeit nicht besichtigt werden, doch wo wir hinkommen, sind kaum Touristen zu finden; wir geniessen die schoenen Plaetze allein. Regenzeit – man muss auch diese Seite von Australien kennenlernen. Und man stellt sich auf die Verhaeltnisse ein. Wir treffen rechtzeitig Vorkehrungen gegen die ploetzlich hereinbrechenden Wolkenbrueche. Abends. sprueht man sich gegen die Insekten ein. Wolfram hat die Fliegenfenster im Fahrzeug erneuert und einen Rollvorhang aus Mueckengaze fuer die Eingangstuer gebastelt. (Wieder mal ein Deutscher als Berater im Baumarkt von Kununurra!) So schlafen wir jetzt unbehelligt

Auch an die tropischen Temperaturen und an die feucht-schwuele Luft muss man sich gewoehnen. Wenn es nicht  regnet und die Sonne scheint, wird es bruetend heiss. Man schwitzt aber immer. Gut, dass es hier auf dem Campinplatz einen Swimming-Pool gibt.

Auf der Straße nach Kununarra
                                     
Blicke auf Kununarra
Wolfram beim Schreiben auf dem Campingplatz in Kununarra
Die Straße nach Broome ist gesperrt

Lichtfield Nationalpark
"Magnetische" oder "Kompass"-Termiten. Sie bauen ihre Behausungen in Nord-Südrichtung. Mittags scheint die Sonne auf die Schmalseite des Baues. So bekommen die lichtscheuen und hitzeempfindlichen Bewohner des Inneren am wenigsten von der Sonneneinstrahlung mit
Reissende Flussläufe ...
... grandiose Wasserfälle ...
... je nach Feuchtigkeit wechselnder Baum- und Pflanzenbestand
Die Wangi-Fälle ...
... mit Pool darunter
Vom Teich aus führt ein Pfad in einen tropischen Urwald und zu einem Aussichtspunkt hinauf
Blick von oben über den tropischen Regenwald

Der Safari Campingplatz
Hier der Betreiber vor seiner Behausung
Hinter dem Campingplatz

Spaziergang in Darwin ...
... durch Mangroven ...
... zum Meer

Übernachtung auf einem nassen Campinngplatz
Es schüttet in Strömen ... so sieht es außen aus ...
... und so innen in unserer Ethel

Auf dem Weg zum Kakadu Nationalpark ...
Der Adelaide River ist gewaltig angeschwollen - wir halten vergeblich nach Krokodilen Ausschau, die sonst Touristen auf Schiffen vorgeführt werden


Im Kakadu Nationalpark
Die Burrunggui / Anbangbang (Nourlangie)-Felsen mit ihren Bildergalerien

Darstellungen von Jagdszenen und Jagdwild

Diese Malereien erzählen Geschichten ...

Nabulwinjbulwinj - ein böser
 Geist, der Frauen frisst
Die Figur ist im sogenannten "Röntgenstil" gemalt


Ganz oben der mytische Vorfahr der Salzwasserkrokodile - auf dem Felsen entstanden aus einer illegitimen Verbindung anderer Traumzeitwesen (Heuschrecken). Unten (schwer erkennbar im Original): Eingeborene kommen zur kultischen Erinnerungsfeier an die Ahnen-Tiere

Eine andere Art von Termiten

Zurück in Katherine - Geburtagsfeier ...
... und so sieht Wolframs Bein danach aus






 

 

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